Brüssel will lieber Kindergarten statt „Herdprämie“

Kritik der EU-Kommission: Die „Herdprämie“ biete Frauen einen Anreiz, zu Hause zu bleiben, statt arbeiten zu gehen. Schwarz-Gelb muss nun das Gegenteil beweisen.

Die EU-Kommission hat schwere Bedenken gegen das Betreuungsgeld, das die schwarz-gelbe Koalition ab 2013 auszahlen will. „Eltern einen Anreiz zu bieten, zu Hause zu bleiben und dafür Geld zu bekommen, schwächt den Arbeitsmarkt“, sagte der zuständige EU-Sozialkommissar Laszlo Andor „Welt Online“.

Er sei überrascht, dass die Bundesregierung Mütter zur Betreuung ihrer Kinder zu Hause ermutige. „Es gilt in Europa die klare Politik, die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt zu fördern.“

Das von Kritikern als „Herdprämie“ bezeichnete Betreuungsgeld könnte für die schwarz-gelbe Regierung auf EU-Ebene unangenehme Folgen haben. Denn im Rahmen der Krisenmaßnahmen muss auch Berlin der EU-Kommission neuerdings nationale Reformprogramme vorlegen.

Dann stünde Deutschland, das sich gern als Vorreiter in Sachen Wirtschaftspolitik sieht, plötzlich als Bremser auf einem nicht nur volkswirtschaftlich, sondern auch sozial sehr heiklen Terrain da.

Bayerns Sozialministerin Haderthauer reagierte empört auf die Kritik aus Brüssel. „Der familienpolitische Rundumschlag der EU- Kommission ist völlig frei von Sachkenntnis“, so Haderthauer. Die Politikerin ist eine der stärksten Verfechterinnen des Betreuungsgeldes in Deutschland. Eltern würden durch den Zuschuss nicht aus dem Job gedrängt. „Alle Eltern, egal ob und wie viel sie arbeiten, bekommen das Betreuungsgeld, wenn sie für ihr Kleinstkind eine Alternative zur Krippe organisieren.“

EU-Kommissar Andor kritisierte auf Nachfrage von „Welt Online“ auch den ungenügenden Ausbau der staatlichen Betreuung. Zwar arbeite Deutschland bereits an diesem Problem, aber „wir würden es sehr willkommen heißen, wenn die Zahl der Krippenplätze vergrößert würde“. Nicht „Herdprämie“, sondern Kindergärten lautet die Marschroute aus Brüssel.

Die Bundesregierung muss nun in einer schriftlichen Stellungnahme nachweisen, dass das geplante Betreuungsgeld keinen Nachteil für die Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt hat. Strafen kann die EU-Kommission zwar nicht verhängen. Der Rüffel aus Brüssel dürfte aber in jedem Fall die kontroverse „Herdprämien“-Debatte zwischen Regierung und Opposition, aber auch in der Koalition selbst erneut anheizen.

Quelle: Welt Online