Extrem kostengünstig, tragbar und schnell: Forscher haben ein neues Diagnoseverfahren auf Smartphone-Basis für Tumore entwickelt. Die Methode kommt vor allem Menschen in Entwicklungsländern zugute.
Die Untersuchung dauert keine 45 Minuten und kostet umgerechnet 1,70 Euro: US-Forscher haben ein Smartphone-basiertes Verfahren entwickelt, das Blut- oder Gewebeproben mit Hilfe von Antikörpern auf tumorartige Veränderungen untersucht. Die Methode verbessere die Diagnostik für Bewohner von Entwicklungsländern oder entlegene Regionen.
Die Analyse könne auch auf Infektionskrankheiten ausgeweitet werden, schreiben die Forscher um Ralph Weissleder und Hakho Lee vom Massachusetts General Hospital in Boston in den „Proceedings“ der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften (PNAS).
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass die Zahl der jährlichen neuen Krebserkrankungen weltweit bis zum Jahr 2025 auf fast 20 Millionen wächst. Die globale Last durch Krebs erhöhe vielerorts den Bedarf an kostengünstigen, tragbaren und schnellen Diagnoseverfahren, die vor Ort angewendet werden können, wird Autor Cesar Castro in einer Mitteilung des Krankenhauses zitiert. „Die Plattform, die wir entwickelt haben, bietet essenzielle Möglichkeiten zu außergewöhnlich niedrigen Kosten.“
Das sogenannte D3-System (Digital Diffraction Diagnosis) beruht im Wesentlichen auf der Behandlung von Blut- oder Gewebeproben mit bestimmten Antikörpern. Die anschließend aufgenommenen Bilder werden per Smartphone an einen Server übermittelt und dort automatisch ausgewertet.
Die Forscher entwickelten ein bildgebendes Modul, das mit einer Knopfbatterie und einer LED-Lichtquelle versehen ist und mit einem Klipp vor die Linse des Smartphones montiert wird.
Probe wird mit dem Smartphone abfotografiert
Zur Untersuchung wird eine Blut- oder Gewebeprobe mit Mikrokügelchen behandelt, die sich durch Antikörper an bestimmte Krebsmarker anlagern. Die behandelte Probe wird in das vergrößernde Modul gesteckt, wo sie mit der Kamera des Telefons abfotografiert wird.
Die Kamera eines iPhone 4S kann so – bei einer räumlichen Auflösung von zwei Mikrometern – eine Fläche von 14 Quadratmillimetern mit mehr als 100.000 Zellen erfassen. Das sei wesentlich mehr als ein Mikroskop, betonen die Forscher.
Das Bild wird dann – komprimiert und verschlüsselt – an einen Server geschickt. Dieser untersucht die durch die Kügelchen verursachten charakteristischen Brechungsmuster und trennt Zellen und Kügelchen in Bruchteilen von Sekunden. Das Resultat – die Diagnose – wird dann zurück an das Smartphone gesendet.
Die Forscher testeten das Verfahren zunächst an 25 Frauen mit Verdacht auf Gebärmutterhalskrebs. Hier trugen die Mikrokügelchen, deren Durchmesser fünf bis sieben Mikrometer beträgt, Antikörper gegen drei Marker für solche Tumoren.
So zuverlässig wie pathologische Untersuchungen
Das D3-Verfahren charakterisierte die Proben entweder als bösartig, als Tumorvorstufe oder als gutartig. Dabei war es ebenso zuverlässig wie pathologische Untersuchungen. In einem zweiten kleinen Test unterschied die Methode auch zwischen Patienten mit und ohne Lymphom. Darüber hinaus ermittelte es Erbmaterial der Humanen Papillomavirus-Varianten (HPV) 16 und 18, die Gebärmutterhalskrebs auslösen können.
„Wir erwarten, dass die D3-Plattform die Breite und Tiefe von Krebsuntersuchungen auf eine Weise verbessert, die für Orte mit begrenzten Mitteln erschwinglich und nachhaltig ist“, sagt Weissleder, dessen Team bereits ein Patent auf die Technik beantragt hat. Die Plattform könne Verzögerungen durch überlastete pathologische Dienste ebenso vermeiden wie wiederholte Anreisen von Patienten zu weit entfernten Krankenhäusern.
Der Preis von derzeit 1,80 US-Dollar könne noch deutlich sinken, und das Verfahren werde weiter optimiert, schreiben sie. Die Forscher wollen etwa die Analysen auch auf Krankheitserreger ausdehnen, verfügbare Datenbanken zum Abgleich ausweiten und das Verfahren ausgiebig in ländlichen Regionen testen.
Zudem soll die Auflösung der Moduls von derzeit 2 auf etwa 0,6 Mikrometer verbessert werden. Damit könne man sämtliche Zelltypen von Säugetieren analysieren.
Quelle: WeltN24 Online