Müsli gilt vielen als Sinnbild für ein gesundes Frühstück. Doch hat es den Ruf tatsächlich verdient? Die Körnerspeise hält in Fertigmischungen nicht immer, was ihr Image verspricht
In den 70er Jahren war Vollwertkost die Leib- und Magenspeise bekennender Ökos, abfällig wurden sie sogar als „Müslis“ oder „Müslifresser“ tituliert. Doch mit der Zeit wurde die nährstoffreiche Lebensmittel-Kombination chic und immer beliebter. Der Müsli-Trend hält bis heute an. Nahezu alle Vorlieben werden bedient: Mit oder ohne Nuss, Hafer- oder Dinkelflocken, zuckerfrei, light oder mit Trockenobst. Und für Hipster gibt es exotische Beimischungen wie Goji-, Aronia- oder Acerola-Beeren.
Mit Schnickschnack oder ohne, Fakt ist: Müsli liefert Kohlenhydrate, Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe. Im Getreide steckt – vor allem, wenn die Randschicht des vollen Korns und der Keimling noch vorhanden sind, jede Menge Gutes: „Enthalten sind Nährstoffe wie Vitamin B1, B2, B6 oder Vitamin E sowie die Mineralstoffe Magnesium, Phosphor über Joghurt oder Quark, Eisen und Zink„, erklärt Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernähung (DGE). Ballaststoffe im Müsli könnten Experten zufolge sogar das Krankheitsrisiko für Diabetes und Darmkrebs erheblich senken. Ein hoher Vollkornanteil beeinflusst auch das Bluthochdruck-Risiko positiv – das zeigte eine Langzeitstudie des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Potsdam.
Kalorienbombe Müsli: Wo sich der Zucker versteckt
Manchmal stecken aber auch Zutaten im Müsli, die zum gesunden Image nicht so recht passen wollen. Gerade Fertigmischungen können kleine Wundertüten – und sogar regelrechte Kalorienbomben sein. Eigentlich ahnt man ja schon, dass sich hinter Bezeichnungen wie Crispies, Crunchy, Loop oder Pops in diversen Variationen eher keine magere Schonkost versteckt. Verbraucherschützer beklagen seit Jahren, dass in den Fertigmüsli-Mischungen oftmals zu viel Zucker enthalten ist. Manchmal erkennt man diesen schon mit bloßem Auge nach dem Öffnen: Schokostreusel, Nougatflakes und krosser Zuckerguss sind ein Zeichen dafür, dass der Kunde Produkte aus dem Frühstückscerealien-Regal im Supermarkt fischt, die eigentlich eher einen Platz in der Süßwarenabteilung verdient hätten.
Manche Zucker erkennt der uninformierte Laie aber auch nicht auf den zweiten Blick. Hinter Begriffen, die auf der Zutatenliste beispielsweise auf –ose enden, verbirgt sich oft ebenfalls Zucker. „Dazu gehört Dextrose, Glucose, Saccharose oder Fruktose. Maltodextrin, Gerstenmalzextrakt oder Invertzuckersirup ist ebenfalls Zucker“, erklärt Christiane Manthey von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Viele Fertigmüslis bestehen Verbraucherschützern zufolge sogar zu einem Viertel aus Zucker – pro 100 Gramm entspricht das bei einigen Produkten rund acht Stückchen Würfelzucker.
Frisches Obst hat weniger Zucker als Getrocknetes
Mitarbeiter der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg haben sich vor einiger Zeit auf die Suche nach Zuckern in Produkten, unter anderem im Müsli, gemacht. In einem Produkt fanden die Tester rund 25 Gramm pro 100 Gramm Müsli. „Ein Würfelzucker wiegt etwa drei Gramm. Es mag aber auch Müslis geben, die bis zu einem drittel Zucker, also rund 36 Gramm enthalten. Das wären dann 12 Würfelzucker“, sagt Manthey.
Selbst wenn „zuckerfrei“ auf der Verpackung steht, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass keine Zucker enthalten sind. „In solchen Produkten können dennoch erhebliche Zuckeranteile, etwa aus Trockenfrüchten, stecken. Getrocknete Rosinen sind beispielsweise besonders zuckrig und enthalten viermal so viele Kalorien wie frische Trauben“, sagt Manthey. Das liegt der Expertin zufolge am Wasserverlust beim Trocknen. Je weiter oben der Zucker auf der Zutatenliste einer Müslimischung steht, desto größer ist übrigens sein Anteil im gesamten Produkt. Besser als Trockenfrüchte sei unter Aspekten einer möglicherweise zu hohen Energiezufuhr frisches Obst. „Das hat auf jeden Fall weniger Zucker als die Trockenobstvariante“, erklärt Manthey.
Der Knirschfaktor kann über die Kalorien entscheiden
Es gibt einige simple Tricks, wie man der Zuckerfalle im Fertig-Müsli entgehen kann. Als wichtigste Faustregel gilt: Je lauter das Müsli knirscht und cruncht, desto mehr Kalorien hat es. „Damit alles schön knusprig wird, werden die Produkte meist in Zucker und Fett gebacken. Und der reine Zucker ist hier purer Kalorienspender, wir nennen das auch ‚leere Kalorien’“, sagt Antje Gahl von der DGE. Der Zucker liefert zwar schnell Energie, lässt den Blutzuckerspiegel anschließend aber auch wieder rasch absinken. Die mögliche Folge: Hunger! Viel früher als erwünscht.
Wer Fett und Zucker reduzieren möchte, greift vielleicht zu Light-Produkten. „Das Problem bei fettreduzierten Artikeln ist, dass oftmals der Zuckeranteil steigt. Und bei zuckerärmeren Fertigmischungen werden häufig andere Mehrfachzucker verwendet oder die sogenannten Zuckeraustauschstoffe, was aber nicht zwangsläufig heißt, dass man Kalorien spart“, sagt Verbraucherschützerin Manthey. Denn im Ausgleich steigt dann oft der Fettgehalt im Produkt. Kalorien spart man auch nicht, wenn die Müslis Nüsse enthalten. Ernährungsexperten betonen aber, wie wertvoll Nüsse als Zutat sind: Antje Gahl: „Sie machen nicht nur länger satt, sondern versorgen den Körper auch mit vielen ungesättigte Fettsäuren, Vitaminen, Eiweißen, Kalium, Kupfer, Selen, Zink und Eisen.“
Wie geht nun ein „gesundes Müsli?“
Ein gesundes Müsli selbst zuzubereiten und damit Gesundheitsprophylaxe zu betreiben, ist gar nicht schwierig. „Drei bis vier Löffel Getreideflocken, frisches Obst und fettreduzierter Joghurt oder Milch, fertig“, sagt Antje Gahl von der DGE. Spezialbeeren wie Arojna und Co., die in manchen Kreisen zum „Superfood“ mit besonderen Eigenschaften erhoben werden, müssen der Ernährungsexpertin zufolge jedenfalls nicht ins Müsli. „Ihre Wirkung ist wissenschaftlich nicht eindeutig bewiesen“, sagt Antje Gahl. Verbraucherschützerin Manthey rät zum selber Schnibbeln und Mixen der Müslimischung. Manthey: „So wissen Sie ganz genau, was drin ist.“
Quelle: Apotheken-Umschau