Ein renommierter Orthopäde widerspricht der Vorstellung, dass sich Knorpel wie Autoreifen abreiben. Die Volkskrankheit Arthrose ist nach Angaben des Homburger Orthopädie-Professors Henning Madry kein Gelenkverschleiß, sondern eine chronische Krankheit wie Asthma oder Diabetes. Man müsse sich von der Vorstellung verabschieden, dass sich Knorpel altersbedingt abreiben, sagte der Mediziner in Saarbrücken.
Madry hat nach Angaben der Universität des Saarlandes den bundesweit einzigen Lehrstuhl für Experimentelle Orthopädie und Arthroseforschung inne. Auch viele jüngere Menschen seien von Arthrose betroffen, während manche Hochaltrige keine Anzeichen davon zeigten.
Jeder zehnte Deutsche leide unter Gelenkschmerzen, etwa an der Hüfte oder den Knien, sagte der Hochschullehrer, der nun in Homburg seine Antrittsvorlesung hielt. Bundesweit gibt es rund zwei Millionen Arthrose-Patienten, die an teilweise zermürbenden Dauerschmerzen und starken Beeinträchtigungen der Beweglichkeit leiden.
Die verschiedenen Formen der Arthrose sind laut Madry heute schon so weit verbreitet wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Fehlzeiten von Arthrose-Patienten bei der Arbeit, häufig bedingt durch Schmerzen, hätten eine enorme volkswirtschaftliche Bedeutung.
Durch Unfälle oder Sportverletzungen mit Knochenbrüchen im Gelenk werde oft der elastische Gelenkknorpel beschädigt, sagte der Orthopädie-Professor. Das Ausdünnen und schließlich die Auflösung der Knorpelschicht könne aber auch von Prozessen verursacht werden, die heute noch weitgehend unbekannt seien.
Die Krankheit sei meist mit starken Schmerzen verbunden und führe im Spätstadium dazu, dass die Patienten ihre Gelenke kaum mehr bewegen könnten. Die Forschung habe sich lange Zeit wenig um diese Krankheit bemüht.
In seiner Stiftungsprofessur an der Universität des Saarlandes, die von der Deutschen Arthrosehilfe für zunächst fünf Jahre finanziert wird, will Madry die Ursachen von Arthrose erforschen und die verschiedenen Varianten von Knorpelersatz erproben.
Vor allem gehe es darum, Knorpelersatz durch körpereigene Gene zu verbessern, um der echten Knorpelmasse möglichst nahe zu kommen, sagte der vielfach ausgezeichnete Mediziner.
Quelle: Welt Online