Erhöhte Blutgerinnung als lebensbedrohliches Risiko

Unter Stress produzieren Körperzellen vermehrt Blutgerinnungsfaktoren wie etwa Thrombin. Wie dieser Stoff das Wachstum von Tumoren fördert, haben Mediziner der Universität Heidelberg entschlüsselt. Die Erkenntnisse eröffnen neue Möglichkeiten für die Therapie von Krebs. Die Studie gibt auch neue Hinweise für die Behandlung von Septikämien (Blutvergiftungen), bei der die erhöhte Blutgerinnung immer noch die Haupttodesursache darstellt.

Stress war früher oft mit lebensbedrohlichen Gefahren und dem Risiko schwerer Verletzungen verbunden. Daher ist es sinnvoll, dass der Körper in solchen Situationen vermehrt Gerinnungsfaktoren bildet. Aber auch viele Menschen mit Krebs haben eine erhöhte Gerinnung, was zu gefährlichen Gefäßverschlüssen führen kann.

Umgekehrt haben Menschen mit aktivierter Blutgerinnung ein erhöhtes Tumorrisiko. Die Heidelberger Forscher entdeckten die Grundlage dieses Zusammenhangs. „Zum ersten Mal haben wir auf molekularer Ebene einen Hinweis gefunden, der uns die rätselhafte Beziehung zwischen erhöhter Gerinnungsaktivität und dem Verlauf einer Krebserkrankung erklären könnte“, sagt Studienleiter Sven Danckwardt.

Gewöhnlich bilden Körperzellen relativ wenig Thrombin, weil bestimmte Eiweiße die Produktion hemmen. Geraten die Zellen aber durch Entzündungsprozesse wie etwa bei Krebs in Stress, blockiert das Eiweiß p38 MAPK diese Proteine, und die Thrombinmenge steigt. Das würde erklären, warum Krebspatienten häufiger an Blutgerinnseln leiden. Zudem stimuliert Thrombin auch die Bildung neuer Blutgefäße. Daher vermuten die Forscher in der Zeitschrift „Molecular Cell“, dass Krebszellen ihre Thrombinproduktion steigern, um sich besser ausbreiten zu können. Dies könne erklären, warum Menschen mit Blutgerinnungsproblemen ein höheres Krebsrisiko haben.

Auch bei Blutvergiftungen beeinflusst das Eiweiß die Thrombinproduktion. „Zu wissen, welche Moleküle genau involviert sind und wie sie funktionieren, hat eine große Bedeutung für die Behandlung, vor allem, da Medikamente, die p38 MAPK hemmen, bereits für andere Anwendungsgebiete klinisch getestet werden“, sagt Matthias Hentze. „Diese Medikamente könnten gute Kandidaten für Krebs- oder Blutvergiftungs-Therapien sein.“

Quelle: Welt Online