Nackte Avatare und andere seltsame Ostereier

Man muss es Eve nur deutlich und notfalls mit Geduld sagen: Dann zieht sich der Avatar auf der Website von Yellostrom irgendwann auch aus. So wie dieses Online-Programm steckt Elektronik voller digitaler Ostereier. Programmierer schreiben die Gags – und verstecken sie. Hier finden Sie ein paar „Easter Eggs“.

Ein paar Häkchen und der Suchbegriff „Meliza“ reichen aus, um über Umwegen von Google Earth mit einer Kamerafahrt auf einem bestimmten Abschnitt von Mars zu landen. Dort sitzt tatsächlich ein Marsmensch, mit dem der Nutzer ein wenig plaudern kann.Rundherum sind die realen Aufnahmen des Planeten, doch das Wesen haben die Programmierer Googles als kleinen Spaß versteckt, als sogenanntes Easter Egg. Die sind nur durch Zufall zu entdecken oder aber über Websites wie Eeggs.com und Mogelpower.de.

Solche Gags in der Elektronik finden sich mit einer bestimmten Tastenkombination in Programmen wie einer älteren Excel-Version, in der ein Flugsimulator versteckt war, oder in Word 97, das ein Flipperspiel bereithält. Wer bei Skype gleichzeitig die Buchstaben C, A und T drückt, sieht eine Katze auf dem Bildschirm sitzen.

Auf Drucker-Displays erscheinen bunte Animationen, in Fernbedienungen mit Bildschirm das Spiel Tetris und Geschicklichkeitsspiele in Handheld-Geräten wie T-Mobiles Sidekick. In Apples Mini-Rechner Newton waren mit einigen Tricks sogar die exakten Koordinaten der Area 51, eines militärischen Sperrgebiets in Nevada, zu sehen. Ein CIA-Mitarbeiter entdeckte jedoch das Easter Egg, und Apple musste diesen Teil der Software wieder aus dem Gerät entfernen.

Ganz besonders beliebt sind Easter Eggs in Film-DVDs und Musik-CDs. Auf der „Live in Paris“-DVD der Gruppe Placebo zum Beispiel sind, nach Drücken einiger Tasten, die Bandmitglieder in Frauenkleidern zu sehen; in „Der englische Patient“ listet die DVD optische und logische Fehler im Film auf. Eine ausgefallene Idee ließ sich die Verleihfirma für den Streifen „Memento“ einfallen, in dem die Handlung zeitlich rückwärts abläuft. Bei Eingabe mehrerer Steuerungsbefehle lässt sich der Zeitstrahl jedoch umdrehen, der Film läuft korrekt ab.

Eine Unterform der Easter Eggs sind Cameo-Auftritte, in der eine bekannte Person kurz auftaucht. Prominentestes Beispiel ist Alfred Hitchcock, der in seinen Filmen immer kurz zu sehen ist, aber auch Erich Kästner spielte in der Verfilmung seines Buches „Emil und die Detektive“ als Fahrgast in der Straßenbahn mit. Eine besondere Variante bietet „Catch Me If You Can“, eine verfilmte Autobiografie von Frank William Abagnale: Der Hochstapler selbst tritt in einer kurzen Szene als Polizist auf, um sich als Filmfigur zu verhaften.

Auf CDs verstecken die Musikkonzerne oft weitere Titel, die aber nur wiedergegeben werden, wenn vor das erste Stück gespult wird oder die CD auch nach Ende des scheinbar letzten Titels einige Minuten weiterläuft. Dann sagt Robbie Williams noch ein Gedicht auf. Auch gibt es versteckte Botschaften zu hören, wenn eine Software Musiktitel rückwärts abspielt. Zumindest für die Titel „Empty Spaces“ von Pink Floyd und „Fire on High“ vom Electric Light Orchestra ist das Backmasking genannte Verfahren nachgewiesen. Die Botschaft ist aber eher banal: Die Musiker gratulieren dazu, dass der Hörer den Trick entdeckt hat.

Nicht nur in elektronischen Geräten und Software stecken Easter Eggs, sie kommen auch in der Offline-Welt vor, sollen Leser unterhalten oder aber das Urheberrecht schützen. So sind in den meisten Stadtplänen Trap Streets eingezeichnet: Fußwege oder Sackgassen, die es in Wirklichkeit nicht gibt. Dadurch lassen sich die Pläne nicht einfach von Dritten kopieren und als eigenes Kartenwerk ausgeben. Die Verlage halten sich natürlich bedeckt, welche Straßen es sind. Bekannt ist nur, dass in den Londoner Stadtplänen eines Anbieters Kartografen 100 fiktive Straßen eingezeichnet haben.

In Google Maps war bis vor Kurzem noch der Ort Argleton nahe Liverpool zu sehen, einschließlich Fotos einiger Gebäude und der exakten Koordinaten. Der Ort aber existiert nicht, wie auch die Satellitenbilder zeigen. Damit hat sich Google davor geschützt, dass andere Anbieter einfach die Daten aus dem Maps-Dienst kopieren.

Auch in Lexika sind Easter Eggs zu finden, zum Beispiel die Biografie eines Alois Hingerl im Brockhaus. Vor allem Mediziner scheinen gern fiktive Einträge in ihre Fachtitel einzubauen. Im Lehrbuch für das zweite Staatsexamen findet sich zum Beispiel der Begriff „Idiopathische maligne pampiniforme Pachygyrie“. Selbst Hypochonder können beruhigt sein: Diese Krankheit existiert nicht. Im klinischen Wörterbuch Pschyrembel taucht neben Tausender Fachtermini auch der als „natürliches Mittel zur Förderung des Kurerfolges schulmedizinisch anerkannte“ Kurschatten auf. Das Verfahren sei jedoch „ethischen und familienpolitischen Bedenken ausgesetzt und wohl deswegen nicht regelmäßig Teil des Kurplans“. Zumindest das stimmt.

Am bekanntesten ist Loriots Steinlaus im Pschyrembel. Die Übertragung erfolgt „durch Nahrungsaufnahme und Speichel (stone louse kissing disease)“. Der SPD-Politiker Jakob Maria Mierscheid hat ausweislich des Bundestagshandbuchs sogar an einem „Steinlaus-Symposium“ teilgenommen. Das ist zweifacher Quatsch, da es auch diesen Politiker nicht gibt. Mierscheid ist ein Easter Egg des Bundestags, mit fiktivem Lebenslauf und falscher Polit-Karriere.

Quelle: Welt Online