Roboter operieren erstmals gemeinsam – Patient lebt

In Kanada wurden bei einer Prostataoperation erstmals zwei Roboter eingesetzt – einer steuerte die Narkose, der andere die Operation selbst.

Ein Bildschirm mit diversen Apps: Herz, Blinddarm, Oberschenkel. Für jedes Organ gibt es ein Programm, mit dem ein Roboter den Patienten im OP selbstständig wieder zusammenflicken kann. So schön ist die neue Welt.

Im kanadischen Montreal haben nun zum ersten Mal weltweit zwei Roboter bei einer Prostataoperation zusammengearbeitet. Im wahren Leben, nicht im Science-Fiction-Film und auch nicht im „Second Life“. McSleepy, der Anästhesie-Roboter, hat im OP des McGill University Health Centre das erste Mal mit seinem Kollegen Da Vinci, einem minimalinvasiv arbeitenden Roboter-Chirurgen, im Team gearbeitet – ohne zitternde Hände und ohne schlechte Stimmung.

„Die Zusammenarbeit von Da-Vinci und McSleepy hat gut funktioniert“, sagte der (menschliche) Operationsleiter Thomas Hemmerling. „Roboter können mehr Sicherheit und Präzision bieten als menschliche Operateure.“

Der Da-Vinci-Roboter ist bereits seit 1998 in den Operationssälen der USA und seit 2001 auch in Deutschland zu Hause. Das System ist allerdings kein humanoider Roboter, der mit gut geölten Metallfingern zum Skalpell greift, sondern ein mannshoher Geräteturm, aus dem verschiedene Arme mit minimalinvasivem OP-Besteck und Kameras herausragen. Wohin diese Skalpelle, Zangen und Tupfer ausgefahren werden, bestimmt ein Arzt, der an einem Monitor sitzt und wie in einer Computersimulation die Arme Da Vincis fernsteuert.

Über eine 3-D-Kamera sieht er das Livevideo der Operation in HD-Qualität. Ursprünglich wurde Da-Vinci dafür entwickelt, dass ein Arzt beispielsweise an einem Computer in Berlin sitzt, der Patient aber auf dem Da-Vinci-OP-Tisch in Stuttgart liegt. Das System wird mittlerweile auch in Deutschland vor allem zur Entfernung von Prostatakarzinomen eingesetzt – und die meisten Patienten sind von der ferngesteuerten Operationsmaschine begeistert.

Dass der Patient vor einer Operation von einem Roboter in den Schlaf versetzt wird, ist heute noch nicht besonders üblich. McSleepy wurde vor zwei Jahren das erste Mal eingesetzt – ebenfalls an der McGill-Universität in Montreal. Damals durfte er einen Patienten vor einer OP zur Entfernung eines Nierentumors in den Schlaf befördern und diesen dann überwachen.

Gerade bei langen, komplizierten Operationen haben Roboter einen Vorteil vor menschlichen Anästhesisten: Sie messen fortlaufend Schlaftiefe und Kreislaufzustand des Patienten und können schnell die Dosis eines Anästhetikums hoch- oder herunterregulieren oder kreislaufstabilisierende Mittel nachspritzen – und das bei gleichbleibender „Konzentration“. „Gerade bei einer Prostataoperation kann ein Anästhesie-Roboter hilfreich sein“, sagte Hemmerling. „Denn der Patient liegt in einer Position, in der eine sehr tiefe Muskelentspannung nötig ist. Nur so können perfekte Bedingungen für das Operationsteam hergestellt werden.“

Ein Roboter könne die Anästhesie ständig überwachen – bei menschlichen Anästhesisten hänge die Qualität der Narkose sehr stark von der Erfahrung des Arztes ab. Dass irgendwann ein Medizinstudent mithilfe eines iPads vom Park Roboter im OP steuere, sei illusorisch. „Roboter können Ärzte nicht ersetzen, aber sie helfen ihnen, auf höchstem Niveau zu arbeiten“, sagte Thomas Hemmerling.

Quelle: Welt Online