Schweine mit hohen Dioxinwerten gekeult

Der Dioxin-Grenzwert wurde um 50 Prozent überschritten, weil ein Schweinemäster Tierfutter besonders viel verseuchtes Fett beigemischt hatte.

Der Dioxin-Grenzwert wurde um 50 Prozent überschritten, weil ein Schweinemäster Tierfutter besonders viel verseuchtes Fett beigemischt hatte.

Erstmals ist in Deutschland mit Dioxin belastetes Schweinefleisch entdeckt worden. 140 Schweine aus dem Maststall eines Futtermittelherstellers in niedersächsischen Landkreis Verden müssen getötet werden, weil der zulässige Höchstwert um 50% überschritten wurde. In Berlin informierte Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) die Abgeordneten des Bundestages im Verbraucherausschuss über Konsequenzen aus dem Umweltgiftskandal. Er wurde höchstwahrscheinlich durch verseuchtes Futterfett verursacht.

Der zuständige Veterinär des Landkreises Verden, Peter Rojem, sagte, bei einer Probeschlachtung seien im Schweinefleisch 1,5 billionstel Gramm Dioxin pro Gramm Fett gefunden worden. Der Grenzwert liegt bei 1,0 billionstel Gramm (Pikogramm). Es sei nicht auszuschließen, dass zu stark belastetes Schweinefleisch auf den Markt gekommen ist. Zuletzt seien Schweine am 29. Dezember geschlachtet worden – gesperrt worden sei der Betrieb erst Anfang Januar. „Wir sind bemüht, das Fleisch wiederzufinden und aus dem Verkehr zu ziehen“, sagte der Veterinär.

Der Landwirt aus dem Raum Langwedel betreibe ein eigenes Futtermittelwerk und habe das mit Dioxin belastete Fettfutter aus Schleswig-Holstein selbst eingemischt, sagte Rojem. Er habe nach eigenen Angaben beim Futtermischen den Fettanteil deutlich erhöht. Normal für Schweinefutter sei ein Zusatz von ein bis zwei Prozent. Hier seien es möglicherweise bis zu zehn Prozent gewesen. Neun weitere Schweinemäster im Landkreis hätten Futter aus diesem Werk erhalten. Die Höfe seien gesperrt.

Proben falsch deklariert

Inzwischen werden immer neue Einzelheiten bekannt, wie der schleswig-holsteinische Hersteller Harles und Jentzsch die Gifte verschleierte. So wurde im März eine Probe für das Labor nicht als Futtermittel deklariert, sondern als Maschinenfett. Das teilte das Kieler Umweltministerium mit. Bei einer Krisensitzung des Bundestags-Agrarausschusses erklärten die Experten der Kontrollbehörden, die gefundenen Dioxinmuster waren den Laboren bisher nicht bekannt. Das könnte bedeuten, dass diese Dioxine so alt sind, dass sie aus Altlasten stammen, oder dass es sich um eine völlig neue Verbindung handelt.

Im Gespräch mit „Welt Online“ sagte Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner: „Es ist völlig skrupellos, belastetes Material unter Futtermittel zu mischen. Und wer als Hersteller auffällige Testergebnisse vor den Behörden verschweigt, macht sich strafbar.“ Die CSU-Politikerin forderte die Länder auf, ihre Kontrollen am Risiko ausrichten. „Sie müssen am Anfang der Lebensmittelkette – also bereits bei den Zutaten für die Futtermittel – genauer hinschauen. Je sensibler der Herstellungsprozess desto intensiver muss kontrolliert werden.“

SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte die Bundesregierung auf, in einer Regierungserklärung zum Dioxinskandal Stellung zu nehmen. Die ständigen Hinweise der Koalition an die Bevölkerung, die Ruhe zu bewahren, reichten nicht aus, sagte Gabriel. Nach seinen Worten müssen auch die Strafen für die Verursacher deutlich verschärft werden. Bußgelder für solche Straftatbestände reichten nicht aus. Erforderlich sei auch eine lückenlose Rückverfolgung von Futtermitteln. Weiter plädierte er dafür, die bisherigen Agrarhilfen stärker an die Qualität der Produkte zu koppeln. SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber vermisst weitere Vorschläge. Dazu gehöre die vollständige Deklaration von Futtermitteln. Die Grünen forderten unter anderem eine sogenannte Positivliste, in der festgelegt wird, was dem Viehfutter beigemischt werden darf. Bislang gibt es nur eine Negativliste der Stoffe, die nicht ins Futter dürfen.

Der Futtermittelhersteller, bei dem jetzt das verseuchte Schweinefleisch entdeckt wurde, war von Harles und Jentzsch aus Schleswig-Holstein mit gifthaltigem Futterfett beliefert worden. Nach Angaben des niedersächsischen Justizministers Bernd Busemann ist das schleswig-holsteinische Unternehmen nach jetzigem Ermittlungsstand hauptverantwortlich für den Skandal. Der CDU-Politiker geht von vorsätzlichem Betrug aus. Er forderte drastische Strafe für die Verantwortlichen und sagte: „Das ist eine Attacke auf die Gesundheit der Bürger“. dia

In der Region Hannover konnte nun erstmals eindeutig belegt werden, dass mit Dioxin belastete Eier an die Verbraucher verkauft wurden. Bis Sonntag seien Eier mit dem Erzeugercode 2-DE-0350384 in den Handel gelangt. Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit rät vom Verzehr dieser Eier ab. Erst am Montag wurde der Fachdienst der Region Hannover darüber informiert, dass Verbraucher die Eier bereits vergangenen Freitag erworben haben. Die Eier stammen aus einem gesperrten Betrieb im Landkreis Cloppenburg.

Quelle: Welt Online