Versuchter Totschlag: Gericht verurteilt Arzt wegen unterlassener Hilfe

Ein Arzt feiert mit seiner Ex-Freundin eine Drogenparty, sie fällt in einen lebensgefährlichen Zustand und stirbt – nun ist der Mann zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden.
Das Landgericht Gießen sprach den 34-Jährigen heute (19.07.2016) des versuchten Totschlags durch Unterlassen schuldig.

Er hatte im Juni 2015 in Gießen mit der 37-Jährigen die zuvor vereinbarte Trennung mit Alkohol und Ecstasy gefeiert. Die Drogen lösten bei der Frau schwere Nebenwirkungen aus, an denen sie wenig später starb. Der Mediziner habe die Gefahr erkannt, doch kei­nen Notarzt gerufen, was er hätte tun müssen, befanden die Richter.

Dass der Arzt den lebensgefährlichen Zustand der Frau nicht erkannt haben will, „glaubt Ihnen kein Mensch“, sagte die Vorsitzende Richterin. Er rede sich sein Verhalten schön und habe große moralische Schuld auf sich geladen. Mit seinem Verhalten habe er den Tod der 37-Jährigen gebilligt, befand das Gericht. Es ging allerdings nur von versuchtem Totschlag aus, weil nicht sicher ist, dass die Frau bei sofortiger Hilfe eines Notarztes über­lebt hätte. Es sei aber auch nicht so, dass sie auf jeden Fall gestorben wäre, beton­te die Vorsitzende.

Der Angeklagte kümmerte sich zwar in seiner Wohnung um die Frau, rief aber keinen Notarzt. Auch dann nicht, als es der Ex-Freundin so schlecht ging, dass er nackt in den Keller hetzte, um Medikamente zu holen – und sich aus der Wohnung ausschloss. Er war­te­te zunächst auf den Schlüsseldienst. Erst als die Tür wieder offen und die Frau tot war, wählte der Mann den Notruf.

Zugunsten des Angeklagten wertete das Gericht dessen Geständnis. Zudem ging die Kammer wegen des Drogenrauschs von einer verminderten Schuldfähigkeit aus. Verur­teilt wurde der Mann auch wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Zu den Bewährungsauflagen gehört unter anderem eine Therapie, der sich der drogenab­häng­ige Arzt unterziehen muss. Wie es mit seiner Karriere weitergeht, ist offen: Dem Gericht zufolge hat er seine Approbation als Arzt verloren, doch dagegen läuft noch eine Klage.

Quelle: aerzteblatt.de