Mangelnde Empathie könnte Risikofaktor für Internetsucht sein

Einen Zusammenhang zwischen der Fähigkeit zum Mitgefühl – Empathie – und problematischer Internetnutzung sehen Wissenschaftler um den Ulmer Molekularpsychologen Christian Montag. Sie untersuchten, ob…

…Persönlichkeits­eigenschaften oder der kulturelle Hintergrund die Neigung zu Internetsucht begünstigen. Dazu befragten sie über 600 Studierende in Deutschland und China.

Immer mehr Menschen vernachlässigen Arbeit und Privatleben, um im Internet in sozialen Netzwerken aktiv zu sein oder online zu spielen. Warum manche Menschen und besonders Jugendliche möglicherweise anfälliger für diese Abhängigkeit vom Internet sind und warum das Phänomen häufiger in asiatischen Ländern aufzutreten scheint, ist laut der Arbeitsgruppe noch nicht völlig geklärt.

Die Wissenschaftler erhoben unter anderem, wie gut die Studierenden Gemütszustände ihrer Mitmenschen einschätzen und deren Reaktionen vorhersagen können. Im Internetsucht-Fragebogen machten die Teilnehmer Angaben dazu, ob sie beispiels­weise verheimlichen, wie lange sie im Internet sind und was sie online aufrufen. Die Selbstauskünfte der Studierenden zeigen laut den Forschern einen deutlichen Zusammenhang zwischen mangelnder Empathie und Internetsucht.

„Der Zusammenhang tritt unabhängig von Alter, Kultur und Geschlecht auf. Obwohl sich die Stichproben hinsichtlich Alter und Geschlechtsverteilung signifikant unterscheiden, ist der Effekt auch nach Bereinigung der Ausgangsunterschiede durchgängig vorhanden“, erläutert Martin Melchers, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung differentielle und biologische Psychologie an der Uni Bonn.

Dies sei allerdings ein „Henne-Ei-Problem“, so Montag. Die aktuelle Studie könne die Frage, ob die übermäßige Nutzung von Online-Medien die Empathie-Fähigkeit senke oder ob andersherum mangelndes Mitgefühl zu Internetsucht führe nicht final beantworten. Sie liefere allerdings Hinweise, dass Persönlichkeitseigenschaften wie Empathie die Triebfeder für Internetsucht sein könnten.
Quelle: aerzteblatt.de