Was Arbeitgeber und Kassen fragen dürfen

Intimsphäre: Details zur Gesundheit gehen Arbeitgeber und Krankenkassen nichts an. Doch es gibt Ausnahmen.

Das Vorstellungsgespräch verläuft gut. Der Chef ist sympathisch, die Antworten gehen leicht von der Hand. Und dann kommt die Frage doch: Leiden Sie an einer chronischen Erkrankung?

Rechtlich ist es einem zukünftigen Arbeitgeber erlaubt, danach oder nach einer bestehenden Schwangerschaft oder einer Behinderung zu fragen. Zu einer ehrlichen Antwort besteht aber keine Pflicht.

Das Dilemma beim Vorstellungsgespräch

Gleichzeitig stellt das den Bewerber vor ein Dilemma: Verweigert er die Antwort, erregt er eventuell Misstrauen, sagt Judith Storf, Beraterin bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) in Bielefeld. „Im Prinzip darf ein Bewerber Krankheiten verschweigen.“ Sie rät, auf Fragen nach dem Gesundheitszustand vorbereitet zu sein. Die Frage, ob in absehbarer Zeit eine Operation oder eine Kur geplant ist, sei im Übrigen zulässig.

Klare Rechtslage – aber auch Ausnahmen

Tritt während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses eine chronische Krankheit auf, rät Storf, individuell ab­zuwägen, ob man den Arbeitgeber darüber informiert. „Es kommt vor allem auf das persönliche Verhältnis zum Vorgesetzten an.“

Einen Gesundheitscheck oder psychologische Tests darf ein künftiger Arbeitgeber nicht verlangen. Gesetzlich vorgeschriebene Ausnahmen gibt es nur in Berufen, für die eine robuste Gesundheit entscheidend ist. So dürfen Ärzte nicht an einer Infektionskrankheit leiden. Auch Piloten müssen regelmäßig nachweisen, dass sie gesund sind. „Wenn ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse besteht, darf der Arbeitgeber einen Gesundheitscheck verlangen“, weiß Eva Ohlsberg, Fachanwältin für Medizinrecht in Berlin. Eine Fürsorgepflicht haben Arbeitgeber gegenüber Industriearbeitern, die besonderen Gefahren ausgesetzt sind, sowie Jugendlichen unter 18 Jahren.

Beamte sind zum Gesundheitscheck verpflichtet

Eine weitere Ausnahme sind Beamte, denn der Staat möchte genau wissen, wen er lebenslänglich anstellt. Für sie führt kein Weg am Amtsarzt vorbei. Ihnen rät Ohlsberg, stets korrekte Angaben zu machen. Deckt ein späterer Arztbesuch eine Lüge auf, droht im Ex­trem­fall die Entlassung. Trotzdem unterliegt auch ein Amts- oder Betriebsarzt der Schweigepflicht.

Selbst wenn die gesetzlichen Regelungen klar formuliert sind, stellt Ohlsberg immer wieder fest, dass viele Menschen allzu leichtfertig mit solchen sensiblen Details umgehen. „Das Problembewusstsein sollte auf beiden Seiten geschärft werden“, betont die Fachanwältin.

Fragen zum Gesundheitszustand zielen auf den Bereich der Individualsphäre. Und diese ist geschützt – auch vor der gesetzlichen Krankenver­­sicherung. Kassen haben eine Versicherungspflicht und dürfen Anwärter ohnehin nicht ablehnen.

Private Krankenversicherungen prüfen genau

Anders sieht es bei der Aufnahme in die private Krankenversicherung (PKV) aus. „Wer dorthin wechseln möchte, muss sich gründlich durchleuchten lassen“, sagt Storf. „Das ist das Recht der PKV.“ Private Versicherer wollen sich von vornherein gegen Risiken absichern und Überraschungen ausschließen. Auf der Grundlage der Gesundheitsprüfung berechnen sie individuell die Versicherungsprämie und eventuell einen Risikozuschlag. Dasselbe gilt zum Beispiel für eine Berufsun­­fähigkeitsversicherung.

Interessant für die private Krankenversicherung ist vor allem, ob ein Patient eine Vorerkrankung oder in den vergangenen Jahren einen Unfall hatte, aber auch, welchen Behandlungen er sich unterzogen hat. Je nach Versicherung kann das den Zeitraum der vergangenen drei bis zehn Jahre umfassen. Es kann unter anderem Operationen oder eine Psychotherapie betreffen.

Ehrlichkeit lohnt sich

Wie gesund oder krank man auch ist: Eva Ohlsberg rät dringend, keine Arztbefunde oder Vorerkrankungen zu verschweigen, auch wenn sie noch so unerheblich erscheinen. „Tricksen wäre die falsche Option“, sagt die Rechtsanwältin. „Kommt es nachträglich ans Licht, rächt sich das.“ Dann bestehe rückwirkend gegebenenfalls kein Versicherungsschutz, und das könne teuer werden. Es lohnt sich also, bei der Wahrheit zu bleiben.

Quelle: Apotheken Umschau