Erst die Fortpflanzung, dann die Liebe

Geht so Liebe im 21. Jahrhundert? Ein “gesunder und glücklicher Mann” spendet seinen Samen. Eine 42-jährige Frau bekommt damit endlich ein Kind. Nach einem Jahr treffen sie sich – und werden ein Paar.

Es ist eine Liebesgeschichte der Moderne: Über künstliche Befruchtung bekam eine Australierin ein Kind. Als sie den Samenspender nach der Geburt ihrer Tochter ausfindig machte, verliebten sich die beiden ineinander.

Normalerweise sollte es anders herum sein: Erst die Liebe, dann das Kind. Doch im Falle von Aminah Hart und Scott Andersen wurde das Prinzip auf den Kopf gestellt. Wie der australische Fernsehsender ABC berichtet, verliebten sich die beiden erst, nachdem die kleine Leila bereits geboren war, gezeugt durch künstliche Befruchtung mit Scott Andersens Samen.

Das moderne Märchen fing zunächst tragisch an: Aminah Hart aus Melbourne hatte wegen eines genetischen Defekts bereits zwei Kinder verloren. Ihr Sohn Marlon wurde nur 14 Wochen alt, der kleine Louis starb nach 14 Monaten. 2011 stand Aminah Hart schließlich da – ohne Kinder und ohne Mann.

Samenspende als Chance auf gesundes Baby

Sie war bereits 42 und sah die künstliche Befruchtung als ihre letzte Chance, noch einmal Mutter zu werden und ein hoffentlich gesundes Baby zu bekommen.

Viel Information über den Spender erhielt die Australierin nicht von der Samenbank. Andersen war Viehzüchter, lebte in der Nähe von Phillip Island, rund 120 Kilometer südöstlich von Melbourne, und trainierte eine australische Football-Mannschaft. Er hatte selbst bereits vier Kinder und er beschrieb sich als “glücklich und gesund”.

Diese beiden Worte gaben schließlich den Ausschlag für Aminah Hart: “Ich dachte ‘gesund und glücklich’ – das sind die beiden Dinge, die mir bisher abgegangen sind, und so habe ich ihn ausgewählt und einen Termin für die Klinik gebucht”, so die heute 45-Jährige.

Ein blondes Baby für eine schwarze Frau?

Leila wurde schließlich 2012 geboren. Als erstes fielen Aminah Hart ihr kräftiges Schreien und ihre hellblonden Haare auf. “Ich dachte, ich kann doch kein blondes Baby haben, ich bin eine schwarze Frau”, sagte sie. Aminah Hart, selbst in London als Tochter einer australischen Mutter und eines westindischen Vaters geboren, hat eine dunkle Hautfarbe und dunkle, wilde Locken.

Da die Beziehung ihrer Mutter und ihres Vaters frühzeitig zerbrochen war, hatte ihre Mutter sie alleine in Australien aufgezogen. “Ich hatte immer diesen Gedanken im Hinterkopf, dass ich losgehe und ihn finde, wenn ich dazu bereit bin.”

Doch als Aminah Hart letztendlich nach London ging, um ihren Vater zu suchen, musste sie erfahren, dass dieser kurz vor ihrer Ankunft verstorben war. Dieses eigene Erlebnis sowie die Tatsache, dass ihre Tochter so vollkommen anders aussah als sie selbst, veranlassten sie schließlich dazu, mehr Informationen über den Samenspender und damit den biologischen Vater ihrer Tochter herauszufinden.

Nach dem Samen verschenkte Andersen auch sein Herz

Gemäß der gesetzlichen Regelungen im Bundesstaat Victoria, müssen Samenspender ihre Namen offen legen. Spenderkinder und ihre Eltern sind ab dem 18. Lebensjahr berechtigt, die Kontaktdaten des biologischen Vaters zu erhalten, doch die Information kann vorab auf freiwilliger Basis angefragt werden. Scott Andersen hatte einem Kontakt vor dem 18. Lebensjahr zugestimmt und als Aminah Hart ihn kontaktierte, willigte der Australier, der selbst bereits vier Kinder aus zwei geschiedenen Ehen hat, ein, Leila und ihre Mutter zu treffen. Leila war zu dem Zeitpunkt bereits zwölf Monate alt.

Scott Andersen und Aminah Hart verstanden sich auf Anhieb. Die Australierin sagt, sie sei froh gewesen, als sie gemerkt habe, Leilas Vater sei ein “netter Kerl”. Schnell nach dem ersten Treffen entschieden beide, dass Leila regelmäßigen Kontakt zu ihrem Vater haben sollte, eine Entscheidung, an der Scott Andersens eigene Partnerschaft zu dem Zeitpunkt letztendlich zerbrach.

Wenig später aber gab es bereits ein Happy End – denn der Viehzüchter und Aminah Hart verliebten sich ineinander. Inzwischen sind sie bereits seit einem Jahr eine glückliche Patchwork-Familie – zusammen mit den Kindern aus Andersens früheren Ehen.

Quelle:Welt Online