„Stammzellen-Therapie“ unter Verdacht der Körperverletzung. Auf ihrer Homepage (www.innovacell.at) warb die Firma „Innovacell Biotechnologie AG“ noch am Freitag für ihre „neuartige Zelltherapie“ für Blasenschwäche „mit Hilfe von Muskelstammzellen“.
Diese Therapie ist nun ein Fall für die Staatsanwaltschaft: Sie hat ein Ermittlungsverfahren gegen Hannes Strasser, Mitgründer der Firma Innovacell, eingeleitet. „Es liegt der Verdacht der Körperverletzung und Gefährdung der körperlichen Sicherheit vor“, erklärte Staatsanwalt Wilfried Siegele am Freitag.
Strasser ist Oberarzt an der Urologischen Klinik Innsbruck, inzwischen suspendiert. Die von ihm entwickelte Therapie – bei der den Patienten Muskelzellen aus dem Oberarm entnommen, in vitro vermehrt und dann in die Harnröhre eingesetzt werden – wurde an zirka 400 Patienten angewandt, die dafür selbst bezahlen mussten. Einige berichteten über Komplikationen, bis zum Zuwachsen der Harnröhre. Ein deutscher Patient klagte die Tiroler Krankenanstalten auf Rückerstattung der Behandlungskosten und bekam recht: Er sei mit einer „nicht wissenschaftlich anerkannten“ Methode behandelt worden, ohne darüber ausreichend aufgeklärt worden zu sein.
Studie nicht genehmigt
Das Gesundheitsministerium beauftragte die Österreichische Agentur für Gesundheit (AGES) mit der Überprüfung. Im Bericht der AGES steht u.a., dass die „Phase-III-Studie“ – die dritte, letzte Phase der Überprüfung einer Heilmethode – ohne Genehmigung der Ethikkommission der Uni Innsbruck durchgeführt wurde. Die vom Arzneimittelgesetz vorgeschriebene Patientenversicherung wurde laut AGES nicht abgeschlossen. Es gebe Indizien dafür, dass eine vorgelegte Versicherungsbestätigung der Tiroler Landeskrankenkasse eine Fälschung sei.
Auf dem Antrag zur Phase-III-Studie steht auch der Name von Georg Bartsch, Vorstand des Innsbrucker Urologie-Instituts. Er bestreitet aber, den Antrag unterschrieben zu haben. Genauso distanzierte sich Bartsch von den die Zelltherapie betreffenden Publikationen Strassers in Lancet und World Journal of Urology, obwohl er als Autor genannt wird. Strasser habe ihn „ehrenhalber“ in die Autorenzeile aufgenommen. Die Zeitschrift Lancet, die die Publikation von sich aus zurückgezogen hat – Strasser war dazu nicht bereit –, hielt fest, dass solche „Ehrenautorenschaften“ inakzeptabel sind.
Quelle: diepresse.com /(“Die Presse”, Print-Ausgabe, 13.09.2008)