Potenzial nicht medikamentöser Therapien bei Migräne

Auf Möglichkeiten und Potenziale nicht medikamentöser Therapien bei Mi­gräne haben die Deutsche Schmerzgesellschaft und die Deutsche Migräne- und Kopf­schmerzgesellschaft (DMKG) hingewiesen.
Laut der neuen Leitlinie zu „Entspannungs­verfahren und verhaltenstherapeutischen Interventionen zur Behandlung der Migräne“ leiden etwa acht Millionen Menschen in Deutschland unter Migräne. Bei mehr als einem Drittel von ihnen könnten neben Medikamenten auch nicht-medikamentöse Therapien lindernd wirken.

„Wir wissen, dass viele unserer Patienten nicht nur auf Medikamente zurückgreifen möch­ten“, sagte Stefanie Förderreuther, Präsidentin der DMKG im Vorfeld des Jahres­kongresses der beiden Gesellschaften in Mannheim. Eine Autorengruppe hatte die aktu­elle Studienlage ausgewertet und systematisch mehr als 800 Arbeiten untersucht. „Schon wenn wir die Patienten beraten und über die Er­kran­kung aufklären, kommt es zu einer klinisch messbaren Kopfschmerzreduktion“, sagte Charly Gaul, Mitglied des Auto­ren­teams und Generalsekretär der DMKG.

Entspannungsverfahren wie die progressive Muskelrelaxation (PMR) wirkten besonders gut. „Diese Technik lässt sich gut in den Alltag integrieren. Wer sie regelmäßig anwen­det, beeinflusst die zentrale Schmerzverarbeitung und aktiviert schmerzhemmende Struk­turen im Gehirn“, so Förderreuther. Die Zahl der Migräneattacken könne so um 35 bis 45 Prozent reduziert werden, so die Expertin.

Sport und Bewegung haben offenbar ebenfalls einen Effekt auf die Schmerzintensität und auf die Anzahl und die Dauer der Anfälle. Gut belegt ist den Leitlinienautoren zufol­ge auch, dass kognitive Verhaltenstherapie* (KVT) wirkt. Diese geht davon aus, dass je­der Mensch über seine Gedanken sein Erleben und Verhalten beeinflussen kann. Zum Beispiel hinterfragt die betreffende Person im Rahmen der Therapie überzogene An­sprüche an die eigene Leistung und lernt, Signale des Körpers zu erkennen, die eine Belastungssituation ankündigen.

Die Fachgesellschaften betonen aber auch, dass eine Migräne weiterhin ärztlich be­han­delt werden sollte. Gemeinsam mit einem Kopfschmerzexperten sollte der Patient die für ihn individuell passende Kombination aus Medikamenten und der geeigneten Ent­span­nungstechnik oder einem verhaltenstherapeutischen Verfahren aussuchen, bilan­zieren die Experten.

Quelle: ärzteblatt.de

* kognitive Verhaltenstherapie: geht davon aus, dass unser Denken einen großen Einfluss darauf hat, wie wir uns verhalten, fühlen, körperlich reagieren.